Vom Lago Desierto nach Rada Tilly



Dienstag, 4.12.2012
Nach gemütlichem Frühstück warten wir immer noch auf das Schiff und es werden die Sumpfräder geputzt. Von den Grenzern erfahren wir alsbald, dass auch heute kein Schiff fährt, recht sicher aber morgen. Der Schiffsmotor sei zwar heute noch in El Calafate, aber bis morgen repariert und eingebaut??? Den mit uns wartenden Holländern ist mittlerweile das Essen ausgegangen, was aber kein Problem ist, denn die Grenzbeamten geben gratis Essensrationen ab. Wanderer, die den See umwandert haben, raten uns, unser Warten als Chance zu sehen und die schöne Aussicht zum Fitz Roy zu geniessen. Das tun wir auch ausgiebig und erleben den schönen Berg mit See im Vordergrund verhüllt, später mit Wolkenkragen und gegen Abend wolkenlos. Oh! Wie recht doch die doofen Wanderer hatten.

Lago Desierto mit Fitz Roy

Mittwoch, 5.12.2012
Heute soll das Schiff kommen! Schon am frühen Morgen sehen wir, wie das Schiff sich nähert, in einer Bucht verschwindet (wir beginnen wie wild zu packen), wieder erscheint und zurückfährt. Häää??? Motorentests? Der Grenzposten versichert uns, dass um 18:00 unser Übersetzen gesichert sei. Also kein Stress, wir geniessen weiterhin die schöne Aussicht auf den wolkenlosen Fitz Roy und verpassen einen wunderschönen Wandertag. Pünktlich, um 18:30, als alle Wanderer von der O’Higgins-Fähre kommend, am Lago Desierto auf das Übersetzen warten, kommt auch schon das Boot. Spuren, dass der Motor ausgebaut worden ist, fehlen jedoch gänzlich. Kein Öl, keine Risse in der alten Farbe! Unsere Vermutung, dass das Boot nur bei Bedarf fährt und gar keinen Fahrplan hat, werden später von einem aus Italien stammenden Wanderguide in El Chalten bestätigt. Wir hören keine Entschuldigung, erleben bloss arrogantes Auftreten. Auf dem Camping, nahe des sehnsüchtig erwarteten Anlegers, setzt sich das arrogante Verhalten in der Weise fort, dass wir beschliessen, obwohl es schon nach 20 Uhr ist, einen wilden Campingplatz zu suchen. Wo ist denn bloss die bisher gewohnte argentinische Gastfreundschaft geblieben?

Lago Desierto mit Fähre
Donnerstag, 6.12.2012
Die restlichen 37km bis nach El Chaltén fahren wir bei wundervollem Wetter. Während dem Flicken des x-ten Plattfusses des Anhängers in einer windgeschützten Ecke, merken wir so richtig, wie kräftig die Sonne hier scheint. Beim Eintreffen in der Trekking-Hauptstadt Argentiniens, El Chaltén, müssen wir uns erst an die grosse Masse von Touristen gewöhnen. Es wimmelt nur so davon! Auf Schritt und Tritt begegnet einem ein Trekkingrucksack mit dazugehörendem Fussgänger. Nach dem Besuch der Tourist-Info, des Geldautomaten und einer Bäckerei stellen wir unser Zelt auf dem guten Campingplatz El Relincho, hinter einem Windschutz auf.

Freitag, 7.12.2012
Heute wollen wir wandern gehen; das Wetter sieht jedoch nicht verheissungsvoll aus. Wir versuchen es aber trotzdem. Nach ca. 1.5 Stunden Wandern, bei dem Aussichtspunkt zum Cerro Torre, beschliessen wir umzukehren, denn  vom Torre sehen wir rein gar nichts; dafür nähert sich umso bedrohlicher eine schwarze Wolkenwand. Unsere Stimmung ist nahe dem Nullpunkt. Wir sind frustriert und wütend auf die arrogante Fährgesellschaft, die uns während bestem Wanderwetters hat sitzenlassen. Die Unfreundlichkeit des Tankstellenwartes verbessert unser Befinden auch nicht. Nur wunderschöne Ausblicke auf die Berge könnten uns mit El Chaltén wieder versöhnen. Doch für heute bleibt uns nur noch etwas Leckeres zu kochen. Auf unserem Verdauungsspaziergang durch das Dorf, erfassen wir erst so richtig wie touristisch das ganze Kaff eigentlich ist; kaum ein Haus, das nicht Zimmer anbietet.

Mirador Cerro Torre
Samstag, 8.12.2012
Am Vormittag regnet es zeitweise und die Wolken hängen tief. Nach dem Mittag bessert sich die Lage und wir wollen nochmals zum Aussichtspunkt Cerro Torre gehen. Obwohl der Berg in den Wolken hängt wandern wir noch 1.5h mehr zur Laguna Torre, von wo wir immerhin die Gletscher Torre und Grande sehen können. Auf der Gletscherlagune schwimmen mehrere Eisberge. „Wenn man nun auch noch den Berg selber sehen könnte….“ denken wir. Auf dem Nachhauseweg verregnet es uns tüchtig , obwohl die Wetterprognose eigentlich gegen Abend wolkenlosen Himmel vorhergesagt hatte.

Laguna Cerro Torre
Sonntag, 9.12.2012
Die schöne Morgenstimmung verheisst gutes Wetter und wir nehmen die Wanderung zur Laguna de los Tres unter die Füsse. Anfangs führt der Weg an der rechten Talflanke des Rio de las Vueltas entlang und schwenkt dann links ab, an der Laguna Capri vorbei, direkt auf den Fitz Roy zu, der mit einem Wolkenkragen doch gut sichtbar ist. Sooo schön! Auf den letzten 2 km vor der Laguna de los Tres bewältigen wir ca. 500 Höhenmeter. Oben angekommen, verhüllt sich der Fitz-Berg vollkommen mit Wolken und wir können „nur“ die grösstenteils zugefrorene Laguna de los Tres und den dazugehörigen Gletscher sehen. Nach dem Abstecher zum Ausguck auf die viel tiefer liegende Laguna Sucia und deren Gletscher gibt sich Fitz Roy doch noch die Ehre und macht sich oben auch noch frei. Ein überwältigender Anblick, den wir ca. eine halbe Stunde lang geniessen können. Danach ziehen wieder Regenwolken auf und wir räumen das Feld. Nun sind wir mit El Chaltén wieder versöhnt und können morgen getrost weiterreisen.

Laguna de los Tres
Nach  Laguna de los Tres
Montag, 10.12.2012
Die allgemeine Windrichtung der letzten Tage verspricht uns einen fliegenden Ritt bis zur Kreuzung mit der Rn40. Doch nach knapp 30 km beginnt der Wind turbulent zu werden und behindert mehr, als dass er hilft. Wir geniessen trotzdem die schönen Ausblicke auf den Lago – und Gletscher Viedma. Nach 95 Tageskilometern stellen wir unser Zelt am Ostende des Lago Viedma unterhalb eines Aussichtspunktes in einer Kuhle, etwas windgeschützt, auf.


Am Lago Viedma
Dienstag, 11.12.2012
Auf der Ruta 40 geht es weitestgehend entlang des Rio Leona, dem Verbindungsfluss zwischen dem Lago Viedma und dem Lago Argentino durch patagonische Steppe. Auch heute dünkt es uns, dass der Wind aus allen Richtungen kommt, nur nicht von hinten. Das heutige Etappenende finden wir am Rio Santa Cruz, nach der Brücke, hinter einem offenstehenden Weidetor.

Achtung Wind, vor El Calafate
Mittwoch, 12.12.2012
Der Wind kommt heute mal aus einer genau bestimmbaren Richtung: von schräg vorne! Mühsam erstrampeln wir die 40km bis nach El Calafate. Im Touristenkomplex Dos Pinos, mit Zimmern, Unterkünften und Camping stellen wir unser Zelt auf.

Donnerstag, 13.12.2012
Wir machen uns auf die Suche nach einem Schweissfachmann. Die erste Adresse leitet uns in das Industrieviertel oben auf dem Hügel weiter. Wir finden die besagte Firma nicht und fragen bei einer Transportfirma nach. Der Gefragte arbeitet in einer anderen Firma, ist nur zufällig hier und kann Aluminium schweissen. Wir vereinbaren, dass er in einer Stunde auf dem Camping ist und sich das Ganze mal anschaut.  – Nach zwei Stunden vergeblichem Warten macht sich Christian erneut auf den Weg, die vorher gesuchte Firma doch noch zu finden. Das dauert eine knappe Stunde. Da der Schweisser jetzt keine Zeit hat, soll Christian nach 19 Uhr wiederkommen. Katja hat unterdessen E-Mails geschrieben und mit ihren Eltern „geskypt“. – Christian nimmt den Termin von 19 Uhr wahr und kommt 2.5 Stunden später freudestrahlend wieder zurück. Der Lagerbock wurde geschweisst und verstärkt; nicht nur das, auch der Flaschenhalter und der vordere Gepäckträger kommen jetzt wieder ohne Wäscheleine und Holzstückchen aus.




Freitag, 14.12.2012
Heute soll es zum berühmten Gletscher Perito Moreno gehen. Da die Busfahrt für hiesige Verhältnisse sehr teuer ist, beschliessen wir, diese Gaunerei nicht zu unterstützen und versuchen es per Autostopp, die 80 km zurückzulegen. Nach 1.5 Stunden Fussmarsch aus der Stadt heraus werden wir aufgeladen und die ersten 40 km mitgenommen. Nun stehen wir auf halber Strecke, mitten im Nirgendwo. Nach einer langen halben Stunde haben wir wieder Glück. Wir werden von belgischen Touristen eingeladen und bis auf den grossen Parkplatz mitgenommen. Ein Shuttlebus befördert uns zum Besucherzentrum, wo die vielen, zu benützenden, Laufstege beginnen. Die Halbinsel Peninsula Magellanes reicht bis fast an den Gletscher heran und teilt den Lago Argentino beinahe in zwei Teile. Es bleibt nur eine schmale Verbindung, die unter zwei Eisbrücken durchführt. Schon kurz nach dem Aussteigen vernehmen wir ein lautes Knacken und Krachen. Es sind nur wenige Laufstegmeter zurückzulegen, bis man die bis zu 60m hohe und 5 km lange Abbruchkante zu sehen bekommt. Hinter der Abbruchkante türmen sich eine Vielzahl gewaltiger Spitzen und Zacken und formen ein riesiges Labyrinth von Tälern. Der Anblick ist überwältigend und ein Highlight unserer bisherigen Reise. Obwohl es zwischendurch kurz regnet, überwiegt der Sonnenschein, der das Eis in mannigfaltiger Weise blau schimmern lässt. Selbst nach 4 Stunden sattsehen, können wir uns nur schwer losreissen, aber wir müssen beginnen, unsere Rückreise zu „organisieren“. An der Ausfahrt des grossen Parkplatzes sitzend verbringen wir eine halbe Stunde ohne mitgenommen zu werden. Die Autos der Belgier von heute Morgen sind noch da, alsbald die Belgier auch, die uns freundlicherweise einladen, mit ihnen zurückzufahren.  – Im grossen Baumarkt auf dem Hügel, südlich des Zentrums, will Christian noch Elektrokabel kaufen, um die Lichtanlage seines Rades wieder in Ordnung zu bringen. So ein argentinischer Baumarkt ist auch ein Erlebnis. Hier regiert das Chaos und die Warenpräsentation spottet jeder Beschreibung. Nahe den Kassen steht ein Tisch mit 3 kleinen Plastiktannenbäumen ohne Schmuck und darunter, wie auf einen Haufen geworfene Baumschmuck- Artikel. „Weihnachtsstimmung, wo bleibst du?“


Vor dem Perito Moreno Gletscher
Frohe Weihnachten
Samstag, 15.12.2012
Christian speicht das Hinterrad, diesmal mit etwas zu kurzen Speichen, neu ein und verkabelt das Rücklicht neu. Katja pfleg ihre E-Mail Kontakte und später skypen wir mit Katjas jüngerem Bruder in Kreuzlingen. Der grosse Einkauf für die Weiterreise, 285km auf Schotterpiste mit ungewissen Windverhältnissen, wir veranschlagen 5 Tage plus 1 Tag Reserve, wird auch noch erledigt, bevor wir es uns gut gehen lassen und wir essen gehen. Im chinesisch angehauchten Restaurant kostet das Abendessen ab Buffet 92 Pesos pro Person, was ca. 15 Euro sind. Im Preis inbegriffen ist auch die Parilla, ein Grill, wo man Würste, Hähnchen und Lamm gegrillt bekommen kann. Wir langen kräftig zu.

Patagonische Lämmer
Sonntag, 16.12.2012
Um 6:00 stehen wir auf, eine Stunde später als beabsichtigt, und fahren um 9:30 los, gen Osten. Auch hier haben wir nur am Anfang Rückenwind. Nach knapp 20 km kehrt er von jetzt auf gleich um 180°. – Nach 47km biegen wir von der Ruta 40 auf die RP9 ab, eine Schotterstrasse an die Ostküste Argentiniens. Die kurzen Regenschauer lassen die Strasse etwas weich werden, was unseren Rollwiderstand erheblich steigert. Nach ca.74km bietet sich ein Plätzchen neben der sehr einsamen Strasse zum Zelten an.

Ruta RP9
Montag, 17.12.2012
Über Nacht ist die Strasse gut getrocknet und das Vorankommen leichter. Unterwegs sehen wir viele Guanakos, zum Teil mit Jungtieren, die uns immer mit wiehernden Rufen willkommen heissen. Der Rio Santa Cruz schlängelt sich wie ein blaues Band durch die Steppe, erstaunlicherweise ohne zusätzliche Vegetation an seinen Ufern. Nach 60.5 Tageskilometern, viel Gegenwind und 400 Höhenmetern ist für heute Schluss.

Dienstag, 18.12.2012
Da es seit der ersten Nachthälfte anhaltend regnet und aus östlicher Richtung stürmt ist an ein Weiterfahren nicht zu denken, kommt dazu, dass die Strasse zur Schlammpiste und ganz weich geworden ist. Wir fangen das Regenwasser auf und filtern es durch ein Taschentuch, um den vielen enthaltenen Sand nicht in den Wassersack füllen zu müssen. Ansonsten ist dieser kalte (8°), windige und nasse Tag nur in Zelt und Schlafsack auszuhalten. Gegen Abend lassen die Schauer etwas nach und es gibt auch ganz kurze Perioden ohne Niederschlag.

Neben der RP9 in Warteposition
Mittwoch, 19.12.2012
Um 4:30 erwachen wir beide, weil es windstill geworden ist. Es regnet auch nicht mehr. Wir drehen uns auf die andere Seite und schlummern wieder ein. Beim Erwachen windet und regnet es wieder, aber der Wind kommt aus entgegengesetzter Richtung, so wie er eigentlich sollte. Im Laufe des Morgens wird es recht sonnig und der Regen hört zögernd auf. Die Strasse ist immer noch zu weich, um weiterfahren zu können. Dank Christians „Stromchischtlis“ ist es einmal mehr möglich, unseren Blog weiterzuschreiben. Am Abend fallen wieder Tropfen vom Himmel. Hoffentlich nicht so viel, dass die Strasse wieder ganz weich wird.

Donnerstag, 20.12.2012
Es sind kaum Wolken am Himmel und der kräftige Westwind trocknet die Strasse ganz gut ab. Nach ein paar Stunden sind die letzten Pfützen verschwunden und unsere Sachen gepackt. Mit viel Zusatzschub fahren wir mittags los. Nach unserem Mittagshalt um 15 Uhr wird es um uns herum richtig dunkel und finster. Eine Weile fahren wir vor dem Unwetter her und legen unseren 10‘000sten Radkilometer zurück… Plötzlich beginnt es zu Hageln. Es sind zum Glück nicht riesige Körner und wir werden kaum nass. Doch auf der Strasse schmilzt das Eis und die Strasse wird auf einem kurzen Abschnitt so weich, dass der nasse Lehm an den Rädern hängen bleibt und zwischen Schutzblech und Rad für sehr viel Zusatzreibung sorgt, bis zum Blockieren. Mehrfach müssen wir den „Pfludi“ mit einem Stöckchen rauskratzen. Nach 110km, kurz vor der Einmündung in die Ruta 3, bauen wir mit immer noch viel Wind unser Zelt auf. In der Nacht regnet es wieder. Wir sind zum Glück nicht mehr weit vom Asphalt entfernt und schlafen ruhig weiter.

Fertig gewartet
Freitag, Samstag, 21,22.12.2012
Leider fehlt der vielfach beschriebene Südwestwind. Dafür weht es von Nordwest, was für uns sehr unangenehmen Seitenwind bedeutet. In Comandante Luis Piedrabuena wird eingekauft und Wasser aufgefüllt. Im Tal des Rio Santa Cruz übernachten wir. Da der Fluss sehr braun daher kommt, können wir hier kein Wasser nehmen. Auch bei der nahen Anlage, die Strassenbelag herstellt, erhalten wir kein Wasser und wir fahren wohl trockenen Zeiten entgegen. Der stramme Gegenwind lässt die am Samstag zurückgelegten 60km weitaus länger erscheinen. Wir campen ca. 30km vor Puerto San Julian und haben noch 5 Liter Wasser.

Blick zurück: Comandante Luis Piedrabuena
Sonntag, 23.12.2012
Puerto San Julian ist in Sichtweite und wir trinken unseren letzten Liter Wasser… Bei der Ankunft auf dem einzigen Campingplatz des Ortes werden wir von den Leuten zweier Wohnmobile begrüsst und auch grad zum Zmittag eingeladen. Es wird aus Paraguay stammendes Rindfleisch gegrillt. Dazu gibt es Kartoffelpüree mit Ei, gekochten Kürbis, Salat und zum Dessert Mango und brasilianischen Pudding. Zu unserem Erstaunen sprechen zwei der brasilianischen Reisegruppe lupenreines Deutsch. Ihre Eltern waren deutsch-russisch und in den 30er Jahren, vor dem Kommunismus, nach Brasilien geflüchtet. Die Gruppe will heute noch bis nach Punta Arenas in Chile und schenkt uns vor ihrer Abreise alle Esswaren, die ihnen die chilenischen Grenzbeamten abnehmen würden. – Während des Abends erhalten wir Nachbarn, nach dem Nummernschild zu urteilen, aus Böblingen, Deutschland.

Brasilianische Gastfreundschaft
Montag, 24.12.2012
Als Christian nach dem Frühstück vom Wäscheauswaschen zurückkommt sieht er eine eifrig diskutierende Fünfergruppe bei unseren Nachbarn stehen. Unsere beiden Nachbarn, die mit ihrem Camper, in den vergangenen zwei Jahren von Alaska nach Ushuaia gefahren sind, zwei andere Deutsche und Katja. Da die „anderen Deutschen“ nach Chile weiterfahren, tauschen wir unsere chilenischen Pesos bei ihnen in argentinische Pesos um. Zum Glück, wie sich später herausstellt: der einzige Geldautomat in der Stadt ist nämlich leer und wird über die Feiertage nicht wieder gefüllt. Mit den Böblingern, Nora und Alfred, vereinbaren wir, gemeinsam ein „Heiligabend-Asado“ abzuhalten. Wir gehen an den Strand, um eventuell etwas Schwemmholz zu finden und versuchen einzukaufen, was sich wegen der Feiertagsöffnungszeiten etwas schwierig gestaltet. Ab 16 Uhr geht es los: Gemüse wird geschnipselt, Kartoffeln in Alu-Folie verpackt, das von den Brasilianern erhaltene Fleisch in Stellung gebracht und Alfreds letzte Holzkohlen entflammt. Wir essen bis wir kaum noch „Baby“ sagen können, verbringen dann den weiteren Abend (bis morgens um 2:30) in ihrem Mobil bei Kerzenschein, Weihnachtsmusik und eifrig plaudernd. Um 0:00 beginnt es an allen Ecken und Enden der Stadt zu knallen und zu feuerwerken. Andere Länder, andere Sitten.

Mit Alfred und Nora
Dienstag, 25.12.2012
Nach viel zu kurzer Nacht suchen wir in weiterem Kreis nach Holz fürs heutige gemeinsame Festessen, scheuern unsere Küche(ntaschen), nähen und tauschen einen Wagen eines Zeltreissverschlusses. Heute gibt es genau das Gleiche wie gestern, nur dass wir eine, in Scheiben geschnittene, Lammkeule grillen. Auch beenden wir den Abend heute etwas zeitiger.

Festschmaus
Mittwoch, 26.12.2012
Unsere Nachbarn fahren heute weiter, wir bleiben noch einen Tag. Katja geht für die Weiterfahrt einkaufen und Christian nutzt das Camping WiFi für Updates aller Art. Auch geniessen wir die warmen Duschen ein letztes Mal. Leider scheitern Katjas Versuche, mit ihren Eltern zu skypen. Stattdessen schreibt sie dann ein Weihnachts E-Mail und liest all die erhaltenen lieben Weihnachtsgrüsse, während Christian für’s Abendessen Süsskartoffeln und Kürbis zubereitet.

Donnerstag, 27.12.2012
Kurz entschlossen biegen wir auf das „Circuito Costanero“ ein, eine laut Prospekt 27 km lange Schotterstrasse, entlang der Küste. Auf dem ersten Abschnitt sehen wir durchs Fernglas auf einer Insel Magellan Pinguine. Dann verläuft die Strasse, schön angelegt, in den Steppenhügeln der Küste und an einsamen Kiesstränden entlang, bis dann, nach ca. 30km eine Bucht erreicht wird, wo wir Rotfuss-Kormorane und Seelöwen sehen können. Weil es ein wenig nach Regen ausschaut, fahren wir noch in die Nähe der Ruta 3, damit wir allenfalls nicht zu sehr versumpfen. Der Kilometerzähler zeigt 37 europäische Kilometer an. Die argentinischen Kilometer sind wohl etwas länger.

Bei Playa Mina
Küste und Wüste
Freitag, 28.12.2012
Während den ganzen 82km können wir nirgends Trinkwasser auftreiben. Wir fahren zwar an einigen Pfützen und an einem Kakao-Fluss vorbei, allesamt aber nicht sehr einladend. Gegen Abend bauen wir unser Zelt aber trotzdem am Ufer einer Lehmpfütze auf und versuchen, das Wasser zu filtern. Fehlanzeige: der Filter verstopft schon nach einigen Millilitern. Also kochen wir die Brühe ab. Sieht zwar nicht sonderlich appetitlich aus, aber ist trinkbar und sollte auch nicht mehr krank machen. Bis nach Tres Cerros, wo es eine Tankstelle und ein Hotel gibt, sind es noch 38 europäische Kilometer.

Samstag, 29.12.2012
Der Morgen beginnt windig, bis stürmisch. „Solchen Wind möchte ich mal von hinten erleben!“ sagt Christian zu Katja. Schon das Abbauen des Zeltes will genau überlegt sein. Beim Losfahren kommt der Wind zuerst noch von der Seite. Doch schon bald dreht er ein wenig und auch die Strasse biegt in die richtige Richtung ab und wir haben den Wind voll im Rücken. Judihuiii! Er ist zeitweise so stark, dass wir auf Strecken mit wenig Gefälle problemlos 50km/h erreichen. Am Abend sind 152km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 29.6km/h absolviert und wir beide hundemüde. „Hoffentlich geht das morgen weiter in dem Stil!“

Sonntag, 30.12.2012
Der Stil stimmt, nur die Windrichtung ist verkehrt. Die heutige Tagesleistung lässt sich trotzdem sehen: 8.6km/h Durchschnittsgeschwindigkeit und nach 20km ist die Puste raus. Da es rund um uns herum sehr dunkel wird und unfreundlich nach Regen ausschaut, mieten wir im Ort Fitz Roy ein Dach über unseren Köpfen. Auch die 4 gemieteten Wände helfen mit, das Gewitter draussen vorbeiziehen zu lassen. Nur bei der Tür konnte es ein wenig hereinkommen… :-)

Montag, 31.12.2012
Neuer Tag, neues Glück, altes Jahr…. Die Sonne scheint und der Wind bläst wieder von hinten. Nach ca. 72km machen wir unseren Mittagshalt zufälligerweise direkt bei einer Seelöwenkolonie. Während wir geruhsam kauen, beobachten wir das Strandleben der Kolosse. Sie räkeln sich faul in der Sonne und bewerfen sich von Zeit zu Zeit mit einer Flossenladung des feinen Strandkieses. Es kommen immer wieder kleine Gruppen neuer Tiere, wahrscheinlich von der Nahrungssuche, zurück und wälzen sich an Land, wo sie sich plump auf’s Kies „pflatschen“ lassen. In der nahen Stadt Caleta Olivia kommen wir wieder an Geld und Frischwasser. Wir beschliessen, die nicht speziell nette Stadt zu verlassen und es irgendwo am Atlantikstrand den Seelöwen gleichzutun. Leider ist es schwierig, einen mit unseren Fahrrädern zugänglichen Platz, abseits der Strasse ohne Müll zu finden… so nehmen wir notgedrungen ein wenig Abfall in der Nachbarschaft in Kauf. Mit weissem Wein und Multifruchtsaft begiessen wir weit vor der Zeit das neue Jahr und rauschen im Takt der Wellen in den verdienten Schlaf.

Gemütliche Tiere
Dienstag, 1.1.2013
Wir sind gut im neuen Jahr angekommen und wünschen all unseren Blog-Lesern dasselbe. Neuer Tag, neues Glück, neues Jahr… Bei Sonnenschein, aber mit Gegenwind geht es der Küste entlang nach Rada Tilly mit dem wohl südlichsten Seebad der Welt. Der einzige Camping im Ort mit vielen Bäumen ist wie es scheint voll belegt. Wie sich aber am Abend herausstellt, sind, bis auf ein paar Ausnahmen, alles Asado-Gäste, die nach und nach das Feld räumen und Ruhe einkehrt.

Mittwoch, 2.1.2013
Wir suchen heute wieder einmal einen Schweissfachmann, weil an Katjas Veloständer und am Anhänger einiges zu richten ist. Nach einigen falschen Adressen finden wir eine Werkstatt, die existiert, offen hat und bereit ist, das Zeug zu schweissen. Leider hatten wir hier nicht so viel Glück wie in El Calafate. Die Schweissnähte werden wohl zwar halten, erinnern aber an Anfängergebrutzel. Dafür sind die Reparaturen preiswert und rasch erledigt. Auf der Suche nach einem Fahrradladen gehen wir am gut besuchten, 3km langen Strand entlang. Leider können wir auch hier keinen Spezialschlüssel für den Nabenkonus kaufen.

Strand von Rada Tilly
Donnerstag, 3.1.2013
Heute ist Ruhetag! Wir geniessen das immer noch heisse Wetter, erledigen E-Mails und ergänzen unseren Blog.

2 Kommentare:

  1. 08. Januar 2013

    Hoi Christian
    Zu Deinem heutigen Geburtstag gratuliere ich Dir ganz herzlich und wünsche Dir für das neue Lebensjahr stets gute Gesundheit, weiterhin spannende Abenteuer sowie viel Glück und Freude!
    Auch für Katja nur das Allerbeste!
    Kompliment und besten Dank für euren tollen Blog!
    Bruno Ramseier

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    1. Hallo Bruno
      Vielen Dank für die guten Wünsche und das Kompliment!

      Da ich alle Kommentare vor der Veröffentlichung sehen will, muss ich sie jeweils freigeben. Deshalb die Unsichtbarkeit...

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